Mit Blick auf das in dieser Woche vom SPD-Vorstand beschlossene Strategiepapier warnt der Handelsverband Deutschland (HDE) vor einer Steuerreform zulasten des Mittelstandes und vor politisch motivierten Anhebungen des gesetzliches Mindestlohns ohne Beteiligung der Mindestlohnkommission. Auch die im Papier geforderte Verabschiedung des Rentenpakets II noch in diesem Jahr bewertet der HDE kritisch.
„Handelsunternehmen müssen investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Steuerliche Mehrbelastungen bewirken das Gegenteil. Sie wären eine Gefahr für den mittelständisch geprägten Handel“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Wie von der SPD vorgeschlagen 95 Prozent der Einkommensteuerzahler zu entlasten und diese Steuersenkung vom obersten Prozent finanzieren zu lassen, würde Investitionen von Unternehmen in Deutschland massiv ausbremsen. „Eine solche Steuerreform trifft vor allem mittelständische Unternehmerinnen und Unternehmer. Die deutschen Mittelständler zahlen überwiegend Einkommensteuer und können zusätzliche Belastungen gerade in diesen Zeiten nicht gebrauchen“, so Genth weiter. Mehrbelastungen seien Gift für notwendige Investitionen. Zwar seien Maßnahmen zur Ankurbelung des privaten Konsums wichtig, doch sie dürften keinesfalls auf Kosten des Mittelstandes gehen. „Der Einzelhandel ist eine mittelständisch geprägte Branche, die den Standort Deutschland als starke Wirtschaftskraft und bedeutender Arbeitgeber stützt. Damit das so bleibt, braucht es die passenden Rahmenbedingungen“, so Genth.
Kritisch sieht der HDE zudem den Mindestlohnvorstoß der SPD. „Rein politisch motivierte Anhebungen des gesetzlichen Mindestlohns per Gesetz und ohne Beteiligung der unabhängigen und paritätisch besetzten Mindestlohnkommission sind inakzeptabel“, betont Genth. Die gesetzlich garantierte Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission sei eine zentrale Säule des deutschen Mindestlohnrechts. Sie habe sich bei ihrer Empfehlung an der Tarifentwicklung zu orientieren. „Damit hat der Gesetzgeber auch ganz bewusst und sehr gezielt verhindern wollen, dass der Mindestlohn regelmäßig aufs Neue im Zentrum des politischen Überbietungswettbewerbs vor Bundestagswahlen steht“, so Genth. Auch ein Tariftreuegesetz sei strikt abzulehnen. „Die branchenübergreifend rückläufige Tarifbindung ist vor allem auf die überbordende staatliche Regulierung im vergangenen Jahrzehnt zurückzuführen“, so Genth weiter. Statt noch mehr Regulierung sei mehr Gestaltungsspielraum für die Tarifvertragsparteien gefragt, um attraktive und passgenaue Tarifverträge zu vereinbaren.
Im Rentenpaket II sieht der HDE in aktueller Form keinen generationengerechten Ansatz. Im Fokus stehen allein die zukünftigen Rentenbezieher, denen ein Mindestrentenniveau von 48 Prozent bis zum Jahr 2039 garantiert wird, ohne aber die Beiträge im Gegenzug zu deckeln. „Das verteuert den Faktor Arbeit in Deutschland immer weiter und die jungen Beschäftigten müssten immer höhere Beiträge schultern“, so Genth. Wolle man ein Mindestniveau für die Rente festsetzen, müsste dies aus Steuermitteln finanziert werden und auch über eine bessere Orientierung der Lebensarbeitszeit an der steigenden Lebenserwartung diskutieren. Dass die SPD die im Grundsatz sinnvollen Reformen der betrieblichen und der privaten Altersvorsorge schnell umsetzen will, bewertet der HDE positiv.