Kaum eine Branche ist derzeit so radikal im Umbruch wie der stationäre Handel. Darüber war man sich beim Einzelhandelsabend in der Bremer Bürgerschaft einig. Zum 63. Mal hatten der Handelsverband Nordwest und die Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven gemeinsam Vertreter aus Unternehmen, Politik und Verwaltung zu der hochrangig besetzen Veranstaltung geladen.
Im Mittelpunkt des Abends mit rund 150 Gästen stand die Frage nach der strategischen Positionierung der Zentren in der Metropolregion Nordwest als Antwort auf die veränderte Einkaufskultur und gesteigerte Erwartungen der Kundinnen und Kunden. Digital bestens vernetzt und stetig mobil will das Vertrauen der Kunden von den Händlern in einem wettbewerbsintensiven Umfeld immer wieder neu gewonnen werden.
Digitale und analoge Stadträume sind untrennbar miteinander verwoben. Kluge Händler bieten Schnittstellen zwischen beiden Welten an und verschränken die Vertriebskanäle und Kommunikations-Plattformen: Im Netz bestellen und im Laden abholen oder anders herum, Lieferung nach Hause. Die Liste der Services wird stetig länger um den Einkäufer zum Wiederkommen in den stationären Handel zu bewegen.
Der Einzelhandel trägt als eine der Kernfunktionen unserer Zentren weiterhin maßgeblich zur Lebendigkeit der Quartiere bei, aber der Innenstadtbesucher und Kunde will überrascht werden und etwas erleben was sich vom virtuellen Einkauf im Netz abhebt. Um dieses Erlebnis zu bieten, sind über den Handel als Frequenzbringer hinaus auch die Gastronomie, Kultur- und Dienstleistungsanbieter gefragt. „Neben attraktiven Angeboten und erkennbaren Wegebeziehungen innerhalb der Stadt ist vor allem die gute Erreichbarkeit der Innenstadt von außerhalb mit allen Verkehrsträgern besonders wichtig“, sagte Janina Marahrens-Hashagen, Präses der Handelskammer Bremen.
„Alle Akteure müssen zusammenstehen und die aktuellen Chancen zur Umgestaltung der Stadtzentren in Bremen und Bremerhaven durch zügiges und koordiniertes Handeln nutzen“, so Präses Marahrens-Hashagen. Sie warb für Vertrauen und Verlässlichkeit zwischen Wirtschaft, Politik und Verwaltung, damit das Land Bremen im Wettbewerb um Talente, Touristen und Investoren weiterhin eine gute Position einnimmt.
Die Zeit dafür ist günstig, denn in beiden Städten stehen die Zeichen auf Veränderung. Rund 1 Milliarde Euro private Investitionen fließt in die Bremer Innenstadt. Großbauprojekte wie z.B. das City Gate, das Wallkontor, die Bauvorhaben von Dr. Christian Jacobs an der Obern- und der Langenstraße sowie das Refurbishment des Lloydhofes zum „Lebendigen Haus“ werden das Gesicht der Innenstadt nachhaltig verändern. In Bremerhaven wird ebenfalls kräftig investiert: Der Umbau des Fischereihafens, städtebauliche Entwicklungen auf dem ehemaligen Kistner-Gelände und im Goethequartier sind eindrucksvolle Schlaglichter auf den städtebaulichen Wandel der Seestadt.
Stefan Brockmann, Vorsitzender des Ausschusses für Einzelhandel und verbraucherorientierte Dienstleistungen der Handelskammer, sagte beim Einzelhandelsabend: „Wir müssen Stadt neu denken und tradierte Formate in Frage stellen, dann werdender Handel und die weiteren Angebote der City gestärkt aus dieser Zeit des Umbruchs hervorgehen. Die Digitalisierung ist dabei einer der Treiber und fordert uns heraus die Angebote stetig weiter zu entwickeln. Die aktuelle Dynamik in der Innenstadt ist entscheidend, die hat es in den Jahr-zehnten davor nicht gegeben.“ Wichtig sei aber, neben den Großprojekten auch die kleinen Vorhaben wie z.B. die Montage eines versenkbaren Pollers in der Knochenhauerstraße nicht zu vernachlässigen.
Weiterhin Gültigkeit besitzt, die beim Gästeabend 2018 unterzeichnete Bremer Erklärung zur Innenstadtentwicklung. Darin hatten die Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven, Handelsverband Nordwest e.V., CityInitiative Bremen Werbung e.V., DEHOGA Bremen und Architektenkammer der Freien Hansestadt Bremen gemeinsam die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Stärkung des Standorts formuliert: Verlässliche Bedingungen für Investoren, eine abgestimmte Verkehrspolitik, Investitionen in die Aufenthaltsqualität des öffentlichen Raumes und die qualitative Aufwertung des Handelsbesatzes sind die zentralen Forderungen des Dokuments.